Präambel - Überblick
„Im Prozess der sich ständig verändernden und weiterentwickelnden (Musik)Welt orientieren wir uns am Leitbild einer kommunikativen und interdisziplinär geprägten Musikausbildung, in der künstlerische Praxis, Theorie und Forschung als Einheit er- und gelebt werden und der grundsätzliche Offenheit und Interesse allem Neuen gegenüber vorausgehen.“ (Zitat aus dem Leitbild der JMLU)
Die JMLU konzentriert sich aktuell auf zwei große Forschungsfelder, die sich auch in den beiden Fakultäten „Musik“ und „Pädagogik“ widerspiegeln:
Artistic Research (AR) ist eine junge Forschungsdisziplin, die im Sinne künstlerischer Grundlagenforschung wesentlich zur Entwicklung und Erschließung der Künste beiträgt. AR findet an der Schnittstelle von Wissenschaft und Kunst statt und basiert auf einem dynamischen Verhältnis von wissenschaftlichen und künstlerischen Positionen, Theorien und Methoden. Ein wesentliches Charakteristikum von AR ist die Erweiterung traditioneller epistemologischer Perspektiven um kunst- bzw. praxisimmanente Wissens- und Erfahrungsformen, die an der JMLU in verschiedenen Projekten erschlossen werden.
Musikpädagogische Forschung kann hingegen bereits auf eine lange Tradition zurückblicken – bereits im antiken Griechenland wird die ethische Wirkung von Musik diskutiert, woraus sich auch Handlungsanweisungen für die Erziehung ergaben. Die JMLU beschränkt sich dabei nicht auf instrumentalpädagogische Untersuchungsgegenstände, sondern stellt sich auch den neuen pädagogischen Herausforderungen im Kontext aktueller gesellschaftlich relevanter Fragenstellungen. Die Entwicklung innovativer Didaktik und Methodik im Bereich populärerer Musik - ein weitgehend unerforschter Bereich der Musikpädagogik – bildet einen wichtigen Forschungsschwerpunkt an der JMLU. Ebenso agiert die JMLU im Bereich der Hochbegabtenförderung jugendlicher MusikerInnen jenseits der klassischen Musikausbildung und möchte auf diesem Wege Beiträge zur Erforschung des aktuellen Status Quo der musikalisch/kulturellen Identität von hochbegabten Jugendlichen am Standort Wien leisten. Pädagogisches Handeln braucht ebenfalls Kreativität, sodass auch darin durchaus künstlerische Aspekte zu erkennen sind.
Interdisziplinarität. Fakultäts- und fächerübergreifende Master-Studien.
Die beiden Forschungsschwerpunkte aus Kunst und Pädagogik stehen nicht nebeneinander, sondern sollen von Beginn des Studiums an unterschiedliche Möglichkeiten der Herangehensweise an ein Thema bzw. Projekt darstellen und letztendlich zu einer Fokussierung von Forschungsfragen bzw. des Forschungsdesigns führen. In der Einführung zum wissenschaftlichen Arbeiten wird daher Wert darauf gelegt, die Grundlagen beider Wissenschaftsfelder darzulegen, ohne Unterschied auf die Zugehörigkeit zur Fakultät. Somit können sich in einzelnen Arbeiten auch durchaus beide Ansätze wiederfinden, was mit dem Anspruch der JMLU auf innovative Formen auch im Forschungsbereich korreliert. Die JMLU trägt diesem Anspruch organisatorisch Rechnung, indem sie eine fakultätsübergreifende Studien- und Forschungskommission sowie eine wissenschaftliche Einheit einrichtet. Das Zusammenspiel von kreativem Schaffen bzw. pädagogischem Handeln auf der einen Seite und Reflexion auf der anderen wird hier an zentraler Stelle der Organisation positioniert, um so das gewünschte Ziel zu erreichen: forschende KünstlerInnen und PädagogInnen. Weiter gestützt wird die Forschung an der JMLU durch die Ressourcen der Musikproduktion in den Klassen für Medienmusik. Diese thematisieren musikalische Produktion und wissenschaftliche Forschung an den Schnittstellen von Musik und Kommunikation, Medien der Gegenwart und Gesellschaft.
Forschungsverständnis
Forschungsprozesse an der JAM MUSIC LAB University orientieren sich am epistemologischen Potential und Praxisbezug der stillen, verkörperten Wissens- und Erfahrungsbestände im Bereich Jazz und Popularmusik. Spezifische Problemstellungen werden aus der eigenen künstlerischen und künstlerisch-pädagogischen Erfahrung entwickelt, aus unterschiedlichen theoretischen und methodischen Perspektiven erschlossen und in kreative Schaffensprozesse zurückgespielt bzw. auf deren Relevanz zur Beantwortung gesellschaftlich bedeutender Fragen untersucht. Die Forschungszugänge basieren auf dynamisch aufeinander abgestimmten Kombinationen von anwendungs- und grundlagenorientierter EEK (Entwicklung und Erschließung der Künste) mit besonderem Fokus auf der künstlerischen Forschung (Artistic Research) und etablierten wissenschaftlichen Theorien und Methoden.
Neben dem Innovationsanspruch der künstlerischen Forschung wird auch deren Anschlussfähigkeit zu etablierten wissenschaftlichen Disziplinen im Bereich Jazz und Popularmusik in den Blick genommen. Im Mittelpunkt steht dabei die diskursive Weiterentwicklung von Positionen, Theorien und Methoden der künstlerischen und künstlerisch-pädagogischen Forschung.
Die sensible Berücksichtigung von Themen in den Bereichen Genderkompetenz, Diversität und Nachhaltigkeit ist in der universitären Forschungskultur ebenso qualitätsgesichert verankert wie ethische Grundsätze und allgemeine Richtlinien guter wissenschaftlicher Praxis.
Das Forschungspersonal verfügt über ausgewiesene wissenschaftliche und/oder künstlerische bzw. künstlerisch-pädagogische Forschungskompetenz und wird von einer etablierten Persönlichkeit mit internationaler Erfahrung in der wissenschaftlichen als auch künstlerischen Jazz- und Popularmusikforschung geleitet.* Im Sinne der, von der Universität angestrebten Durchlässigkeit der Bereiche Kunst und Forschung wird die gemeinsame Entwicklung von Forschungsprojekten durch KünstlerInnen, ForscherInnen, Studierende und Lehrende besonders unterstützt.
Die Forschung beinhaltet u.a. schriftliche, diskursive, performative, improvisatorische, kompositorische, technologiebasierte und konzeptionelle Aktivitäten. Deren Dokumentation und Präsentation bedient sich unterschiedlicher, multimedialer Formate.
*Der Ausbau des Forschungspersonals ist laut Entwicklungsplan im Zeitraum 2021-2023 vorgesehen.